RED‑S zerstört deine Performance – der unsichtbare Leistungskiller

Marlene Rosenberger • 11. Juli 2025

20–30 % aller Sportler:innen sind betroffen – doch kaum jemand kennt RED-S

Du brennst für deinen Sport, trainierst Woche für Woche, fühlst dich aber immer schlapper, kämpfst ständig mit Verletzungen oder - als Frau - mit Zyklusstörungen.

In meinem heutigen Artikel geht es um ein Thema, das mir in meiner Arbeit oft begegnet, weshalb mir die Aufklärung darüber sehr am Herzen liegt. Es wird daher an der ein oder anderen Stelle etwas emotionaler. 

Stell dir vor: Du gehst motiviert zum Training, hältst dich an deinen Plan – und spürst trotzdem: Es reicht einfach nicht mehr.

Dann kommen Zyklusstörungen oder Muskelzucken dazu – Symptome, die du nicht selbst verursacht hast, die du aber gerade mit deinem Körper ausmachst.

Statistisch sind bis zu 30 % aller Athlet:innen betroffen, und im Jugendleistungssport sogar bis zu 60 % im Risiko. Aber kaum jemand spricht darüber [¹].


RED‑S & Kaloriendefizit im Sport – Symptome, Risiken & Prävention

Als Trainerin und Performancecoach begegnet mir ein Thema immer wieder: das RED‑S‑Syndrom. Dabei handelt es sich nicht um ein Modewort, sondern um ein echtes gesundheitliches Risiko, das Athlet:innen im Hochleistungs- wie Jugendleistungssport gefährdet – und oft unbemerkt bleibt.


Ich beobachte regelmäßig, wie Athlet:innen durch intensives Training, Schule, Wettkampf und sozialen Druck an die Grenzen ihrer Energieversorgung stoßen, ohne es zu merken. Männer wie Frauen! Wenn ­Leistung zum Alltagsmodus wird, braucht der Körper mehr als nur Technik – er braucht Energie.


💡Was ist RED‑S?

RED‑S (Relative Energy Deficiency in Sport) entsteht, wenn der Energiebedarf (Training + Grundumsatz) konstant über dem Energiegehalt der Nahrung liegt.



Symptome

  • Zyklusstörungen oder Ausbleiben der Periode (bei Frauen)
  • Chronische Erschöpfung & verminderte Leistungsfähigkeit
  • Verzögerte Regeneration & häufige Verletzungen
  • Geschwächtes Immunsystem (häufige Infekte)
  • Stimmungsschwankungen oder depressive Verstimmungen



RED-S ist keine Essstörung

Vor allem bei Frauen beobachte ich häufig ein unbewusstes Energiedefizit und nicht wie bei Essstörungen eine problematische Körperwahrnehmung. Viele unterschätzen schlichtweg ihren Kalorienbedarf – nicht aus Unwissen, manchmal einfach weil sie sich nicht als Leistungssportlerin wahrnehmen. Der Begriff wird oft fälschlicherweise immer noch mit Profisport gleichgesetzt. Doch: Wer regelmäßig intensiv trainiert, fällt häufig längst in die Kategorie des Leistungssports – auch ohne Verträge, Medaillen oder Preisgelder.

Es gibt unterschiedliche Definitionen von Leistungssport, wobei die Wettkampforientierung dabei immer noch am verbreitesten ist.

Interessanterweise zieht das Fachmagazin Spektrum.de zur Abgrenzung vom Breitensport eine physiologische Schwelle:


👉🏼„Die Grenze zwischen L. und Breitensport liegt für Frauen bei ca. 2.000, für Männer bei ca. 3.000 kcal an sportbedingtem Energieverbrauch pro Woche.“


Wie bereits erwähnt wird Leistungssport jedoch klassisch als gezieltes Training zur Wettkampfvorbereitung und Leistungssteigerung verstanden.


Gerade in Zeiten von Crossfit, Hyrox oder Functional Training wo auch außerhalb von Wettkämpfen mit hoher Intensität trainiert wird, ist es meiner Meinung nach jedoch sinnvoll, eine Definition zu Grunde zu legen, die Intensität und Pensum berücksichtigt.
So formuliert mobilesport.ch


👉🏼„Wir nehmen als Definition für Leistungssport das intensive Ausüben, mit oft täglichem Training und einem wöchentlichen Aufwand von zehn und mehr Stunden (…)“


Diese Perspektive ist zentral, wenn es um gesundheitliche Risiken wie RED‑S geht. Denn: Der Energieverbrauch entsteht durch Belastung – nicht durch Titelseiten. Wer regelmäßig viel trainiert, muss auch entsprechend viel Energie zuführen – ganz gleich, ob Amateurin oder Olympiakader. Würde sich diese Definition auch bei Sportler:innen durchsetzen wäre dies ein wichtiger Schritt bei der Prävention. 


An dieser Stelle möchte ich eine kleine Anekdote teilen:

Ich folgte längere Zeit einer österreichischen Outdoorsport-Influencerin auf Instagram. Sie trainiert täglich, postet regelmäßig ihre Einheiten – Bergläufe, Klettern, Functional Workouts – und lebt sichtlich für den Sport.
Was mich stutzig machte: In ihren Beiträgen betonte sie immer wieder ganz bewusst, keine Leistungssportlerin zu sein.

In einem privaten Austausch sprach ich sie darauf an. Ihre Antwort:

„Ich bin ja keine Wettkampfsportlerin – also bin ich auch keine Leistungssportlerin, wirklich nicht“

Diese Aussage fand ich ehrlich gesagt ziemlich problematisch.
Denn Influencerinnen wie sie haben eine enorme Reichweite und Vorbildwirkung – gerade auf junge, sportbegeisterte Frauen. Wenn selbst jemand, der täglich intensiv trainiert, sich nicht als Leistungssportlerin sieht, was bedeutet das dann für ihre Followerinnen, die sich ähnlich viel bewegen?

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie sich selbst ebenfalls nicht als solche wahrnehmen – und damit ihren tatsächlichen Energiebedarf und das Risiko eines unbewussten Energiedefizits komplett unterschätzen.



Trugschluss ‘Sixpack = Stärke’ 

Bei (jungen) Männern beobachte ich häufig einen anderen Hintergrund – doch auch hier spielen soziale Medien eine große Rolle. Dort entsteht das Bild, dass nur Athleten mit einem Sixpack echte Sportler seien. Dabei wird häufig vergessen, dass es sich bei vielen Fitfluencern um Bodybuilder handelt. Bodybuilding ist jedoch eine eigene Sportart mit eigenen Methoden, das  seine Daseinsberechtigung haben mag, doch im Leistungssport nichts zu suchen hat.

Denn beim Bodybuilding steckt das Ziel bereits im Namen: den Körper zu formen. Einfach gesagt geht es darum, möglichst wenig Körperfett bei maximaler Muskelmasse zu erreichen. Dafür werden im Bodybuilding sogenannte Deload-Phasen genutzt, bei denen mitunter extreme Kaloriendefizite gefahren werden.


Für Leistungssportler bedeutet ein solches Kaloriendefizit bei gleichzeitig hohem Trainings- und Wettkampfumfang massiven Stress für den Körper. Das führt zu einer (weiteren) Erhöhung des Cortisolspiegel, der die Sportler bis an die Erschöpfungsgrenze bringt – mit langfristig schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen.


Schwerwiegende Folgen kurz- und langfristig

Das Problem liegt nicht nur im ausgeprägten Kaloriendefizit selbst – es verschärft auch die ohnehin schon kritische Versorgung mit essenziellen Nährstoffen bei Leistungssportlern erheblich. (Siehe dazu auch: „Nährstoffmangel im Leistungssport: Das unterschätzte Risiko für Gesundheit & Performance“)


  • Leistungseinbruch & Verletzungsanfälligkeit
  • Zyklusstörungen sind bei jungen weiblichen Athlet:innen oft das erste Anzeichen. Der Körper sagt: Ich bin überlastet.
  • Hormonelle Dysbalance auch bei Männern: bspw. Testosteronmangel
  • Verschlechterte Knochengesundheit: Besonders kritisch für junge Sportler:innen im Aufbau.
  • Immunsystem: Häufige Infekte lähmen Training und schulische Leistung.
  • Langfristig: Beeinträchtigung der Schilddrüsenfunktion, Chronische Erschöpfung, emotionale Instabilität


20-30% aller Sportler:innen sind betroffen 

Der Diplom-Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. rer. Nat. Karsten Köhler geht davon aus, dass 20-30% aller SportlerInnen von RED-S betroffen sind und ca. 60% der SportlerInnen in Risikosportarten gefährdet sind. [²]


Prävention & Maßnahmen- Wie Athlet:innen leistungsfähig UND gesund bleiben


  1. Grundumsatz (GU) + Aktivitätsfaktor (PAL-Wert) berechnen
  2. Signale des Körpers ernst nehmen (häufige auch kleine Verletzungen, Unregelmäßigkeiten im Zyklus…)
  3. Regelmäßig Blutwerte checken 


Bewusstsein schaffen & sensibilisieren

  • Aufklärung ist entscheidend: Workshops, Elternabende, Projektwochen mit Fokus auf Körperbewusstsein und Regeneration.
  • Regenerative Routinen: Breathwork, Entspannungsmethoden, Schlafhygiene, aktive Erholung.
  • Routinemäßige Checks: Zyklustracking, körperliche Form, Dialog und Monitoring.


Fazit - Sofortmaßnahmen

👉 Du bist Sportlerin oder Sportler? Schicke diesen Artikel deiner Teamkollegin, deinem Mannschaftskumpel, der das unbedingt lesen sollte!

👉 Sie sind Trainer:in, Lehrer:in, sportliche Leitung oder Elternteil, erfahren Sie mehr über meine teils kostenlosen Angebote für Vereine, Schulen & Unternehmen zur Prävention & Sensibilisieren von RED-S, aber auch zu anderen Themen, die endlich ihren Platz im Sport bekommen sollten


Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass RED-S gar nicht erst entsteht und lasst uns aufeinander aufpassen!


Alles Liebe

Marlene

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