Deine Blutwerte sind alle im Referenzbereich?
Der optimale Referenzbereich auf deinem Blutbild aus dem Labor basiert auf dem Bevölkerungsdurchschnitt. Das bedeutet: Sind viele Menschen nicht in Topform und optimal mit Nährstoffen versorgt, wird dies zur Norm gemacht.

Der Unterschied zwischen Referenzbereichen und Gesundheitswerten
Es gibt einen großen Unterschied zwischen den Referenzbereichen, die durch die Labore vorgegeben werden, und den optimalen „Gesundheitswerten“.
Die Referenzwerte der Labore, die du wahrscheinlich schon mal als Ampel-farbene Balken in deinem Blutbild gesehen hast, werden aufgrund des Durchschnitts der eingereichten Blutproben berechnet. Dabei werden „extreme“ Werte am oberen und unteren Ende weggelassen und aus den restlichen Werten der Referenzrahmen berechnet. Deshalb können sich die Referenzwerte übrigens auch etwas von Labor zu Labor unterscheiden.
Das Problem dabei ist, dass in den meisten Fällen diejenigen Menschen Blutproben einsenden, denen es bereits nicht mehr gut geht, die in irgendeiner Weise Beschwerden haben, weshalb der Arzt eine Blutuntersuchung veranlasst.
Die sogenannten "optimalen Gesundheitswerte" wurden von Ärztinnen und Ärzten sowie Forscherinnen und Forschern als Richtwerte festgelegt nachdem sie explizit untersucht hatten welche Werte für einen optimalen Gesundheitszustand ohne jegliche Beschwerden vorliegen sollten bzw. welche Werte bei kerngesunden, aktiven Menschen vorliegen.
Bei den optimalen Gesundheitswerten ist das Ziel, Leistung und Gesundheit zu optimieren.
Bei den Labor-Referenzwerten ist das Ziel, eine schlimme Erkrankung ausschließen zu können, aber eben nicht eine Erklärung für Unwohlsein, Konzentrationsschwäche oder verminderte Leistung zu finden, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Übrigens sind auch Sportlerinnen und Sportler häufig von Nährstoffmangel betroffen. Verschiedene Studien haben mehrfach auf diesen Sachverhalt aufmerksam gemacht.¹
Referenzbereiche vs. optimale Gesundheitswerte bei Eisen
Schauen wir uns als Beispiel den offiziellen Referenzrahmen der meisten Labore für Ferritin (Speichereisen) an. Ferritin ist einer der wichtigsten Marker, um einen Eisenmangel zu identifizieren. Dieser reicht für Frauen von 10ng/ml bis 250 und teilweise sogar bis 650ng/ml.
Vermutlich fällt es dir nicht schwer dir vorzustellen, dass dieser Referenzbereich so groß ist, dass es unmöglich ist bei einem Ferritin-Wert von 19ng/ml dasselbe Wohlbefinden zu haben wie bei einem Wert von über 100ng/ml.
Dieser Referenzbereich ist so groß, dass die meisten Menschen sich darin befinden und somit als „gesund“ betrachtet werden. Dies ist auch kein Wunder, da Eisenmangel und seine Symptome aufgrund unseres Lebensstils mittlerweile sehr verbreitet in unserer Gesellschaft sind.
In der medizinischen Wissenschaft weiß man jedoch schon lange, dass beispielsweise Haarausfall bei Frauen erst ab einem Ferritin-Wert von 70ng/ml nicht mehr auf Eisenmangel zurückzuführen ist.
Konzentrationsschwäche, Müdigkeit, Geheimratsecken, niedriger Blutdruck, das Gefühl von Überforderung oder sogar depressive Verstimmungen sind nur ein Auszug aus den möglichen Anzeichen für einen Eisenmangel.
Eisen übernimmt in unserem Körper eine Vielzahl von Aufgaben, unter anderem ist es ein Grundstoff für die Schilddrüse. D.h. wenn dem Körper zu wenig Eisen zugeführt wird, kann die Schilddrüse nicht optimal arbeiten und es kann zu einer latenten Schilddrüsenunterfunktion oder Hormonproblemen kommen (die Schilddrüse ist einer der Hauptproduzenten und Steuerungsmotor für unseren Hormonhaushalt). Eine Dysfunktion bzw. nicht optimal arbeitende Schilddrüse kann wiederum eine Reihe weiterer unangenehmer Auswirkungen nach sich ziehen wie bspw. ein veränderter Stoffwechsel. Du siehst, es ist eine komplexe Angelegenheit und ‚nur‘ ein Eisenmangel kann eine Art Kettenreaktion auslösen.
Das Gemeine dabei ist, dass Eisenmangel nicht immer bedeutet, dass du schwer krank bist. Eisenmangel kann sich durch eine Vielzahl an diffusen Symptomen bemerkbar machen. Eventuell merkst du „nur“, dass du weniger leistungsfähig bist als früher. Du oder dein Arzt schieben das eventuell auf deine Work-Lifebalance, vielleicht wird auch ein kleines Blutbild gemacht, aber es scheint alles in Ordnung zu sein. Vielleicht wird sogar der Ferritinwert gemessen, aber auf dem Blutbild ist dein Wert noch innerhalb des grünen Balkens, denn der Referenzbereich ist ja groß genug.
Dazu kommt auch noch, dass Ferritin „falsch erhöht“ sein kann, wenn gleichzeitig eine Entzündung im Körper vorliegt. Deshalb sollte man parallel auch immer den Entzündungswert betrachten.
Orientiert man sich an den optimalen Gesundheitswerten, könnte man in vielen Fällen bereits im kleinen Blutbild Indizien für einen Eisenmangel erkennen und würde anhand des Ferritinstatus viel früher eine unzureichende Versorgung des Körpers mit Eisen feststellen, denn hier liegt der unterste Grenzwert bei 50 ng/ml. Im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes schaue ich mir außerdem an, welchen Lebensstil du hast, welche Beschwerden du eventuell hast, die du bisher gar nicht als solche identifiziert hast, und wie aktiv du bist.
Fazit
Ich bin überzeugt davon, dass Ernährung der Dreh- und Angelpunkt für Leistungssteigerung ist und Eisen ist dafür ein tolles Beispiel. Desto optimaler deine Eisenwerte als SportlerIn sind, desto besser sind auch deine Hämoglobinwerte, die für den Sauerstofftransport zu den Muskeln zuständig sind - die Basis jeglicher sportlichen Ausdauerleistung.
Gerade Frauen und insbesondere Sportlerinnen sind jedoch eines größeren Risikos für (zu) niedrige Eisenwerte ausgesetzt, denn durch die Menstruation verlieren wir monatlich viel Eisen.
Es gibt zahlreiche Studien, die nahelegen, dass bei einer Mehrheit von Sportlerinnen von Eisenmangel auszugehen ist. In einer schwedischen Studie waren es sogar 52%.²
Quellen
(1) Hans Braun, Judith von Andrian-Werburg, Wilhelm Schänzer, Mario Thevis: Nutrition Status of Young Elite Female German Football Players. Pediatr Exerc Sci
actions 2018 Feb 1;30(1):157-167. abgerufen am 23.04.2024
(2) Sandström G, Börjesson M, Rödjer S:. Iron deficiency in adolescent female athletes – is iron status affected by regular sporting activity? ClinJ Sport Med. 2012;22:495–500. abgerufen am 23.03.2024
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